ENERGIEPOLITIK – EIN PARLAMENTARISCHES MACHTSPIEL

SIND DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN VON NATIONALEM INTERESSE, EINE MORALISCHE PFLICHT ODER EIN GUTES GESCHÄFT?

Zentrale versus dezentrale Energieversorgung: Ein unausweichlicher Strategiewechsel

Die Interessenkonflikte sind gewaltig. Auf der einen Seite verteidigen die bürgerlichen Parteien ihre Machtpositionen, die sie über die Jahrzehnte in der Führung der zentralistischen, vorwiegend staatlichen Energieversorgungs-Monopole wie axpo oder alpiq aufgebaut haben.

Auf der anderen Seite brauchen die privaten, dezentralen Produzenten von erneuerbaren Energien, z.B. Grossverteiler, KMU oder Hauseigentümer, gute Rahmenbedingungen für den Aufbau einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Energieversorgung. Auch weitsichtige, regionale und kommunale Energie-Versorgungsunternehmen wie z.B. die Industriellen Werke Basel, sind auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen, um die notwendigen Investitionen tätigen zu können.

Die Energiewende erfordert staatliches Engagement d. h. ein verbindliches Investitionsprogramm

So wie in den Nachkriegsjahren das Schweizer Volk den Bau von Atomkraftwerken zur Staatsaufgabe erhoben hat, so benötigt auch die Energiewende eine verlässliche Gesetzesgrundlage – die Energiestrategie 2050. Die ursprünglich mit viel Dynamik entworfene Strategie zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie und zur gezielten Förderung der erneuerbaren Energie und der Energieeffizienz, geriet, nach dem Rechtsrutsch im Parlament, ins Stocken. Der Gesetzestext dürfte noch einige Zeit nicht rechtskräftig werden, denn extreme Kreise haben es sich zum Ziel gesetzt, der „Energiewende den Stecker zu ziehen“, um so der Atomkraft ein Comeback zu sichern. Konsequenterweise stimmte die Ratsmehrheit dem unbefristeten Betrieb unserer alten, ja überalterten Atomkraftwerke zu. Sie weigerte sich auch, dem vom Eidgenössischen Nuklearinspektorat ENSI vorgeschlagenen Gesetz für die verschärfte Regelung des Langzeitbetriebs zuzustimmen. Die  Parlamentsmehrheit hat auf  unverantwortliche Weise das Restrisiko für die Bevölkerung erhöht;  sie hat Ihr persönliches Schadenrisiko zu Ihren Lasten drastisch vergrössert.

Die Energiewende sollte endlich als das verstanden werden, was sie ist: Ein Investitionsprojekt. Um dieses umzusetzen, braucht es eine geeignete Energiestrategie und die dazu erforderlichen Mittel, vergleichbar z.B. mit dem Projekt Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur FABI.

 

Ist die Förderung der Erneuerbaren Energien von nationalem Interesse?

Trotz der erwähnten Blockadepolitik wurde in der Energiestrategie 2050 festgehalten, die Förderung der erneuerbaren Energien sei eine Aufgabe von nationalem Interesse. Dieser Einschätzung muss man grundsätzlich zustimmen, wenn der geordnete Ausstieg aus der Atomenergie gelingen soll. Leider hat diese Zielvorgabe einen gravierenden juristischen Nachteil: Sie ermöglicht den Bau neuer Wasserkraftwerke und Windturbinen in unseren wertvollsten Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Das darf nicht sein. Es braucht unbedingt eine gesetzgeberische Nachbesserung, welche den Bau neuer Anlagen in diesen Gebieten wirksam verhindert.

ETH-Professor Anton Gunzinger: Die Umstellung auf erneuerbare Energie ist nicht nur moralische Pflicht

Prof. Dr. Anton Gunzinger hat mit seinem revolutionären Supercomputer die IT-Welt der 90er-Jahre international überrascht. Er wurde mit verschiedensten Auszeichnungen geehrt und vom TIME Magazin zu einem der 100 Top-Leadern des 21. Jahrhunderts erkoren. An der ETH Zürich hat er einen Lehrauftrag für Computerarchitektur inne. Seit Jahren beschäftigt er sich auch mit der Energiewende. Im April 2015 publizierte er das Buch „Kraftwerk Schweiz“, in welchem er wissenschaftlich nachweist, dass die Energiewende machbar und ökonomisch vorteilhaft ist.

Für ihn ist die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht nur eine moralische Pflicht, sondern auch ein gutes Geschäft.

Im Migros-Magazin vom 15. August 2016 erläutert Gunzinger auf einfache und überzeugende Art, weshalb die Energiewende lohnend ist.

Interview mit Anton Gunzinger 

Unverständliche Subventionierung der Wasserkraft

Um die gegenwärtige finanzielle Schieflage der grossen Elektrizitätsversorger abzufedern, schlägt das Parlament vor, die Betreiber von Wasserkraftwerken aus dem Fonds zur Förderung der erneuerbaren Energien KEV zu subventionieren. Es wäre wohl klüger, die unrentablen, überalterten Atomkraftwerke abzuschalten, da die überall vorhandenen Überkapazitäten ohnehin abgebaut werden müssen, um die Strompreise wieder auf ein kostendeckendes Niveau zu heben.